Cocooning

Wunderbare, überraschende Natur!

Gerade gestern hat sie mir wieder ihre Einzigartigkeit vor Augen geführt. Ich war mit dem Rad zu einer ca. einstündigen kleinen Insekten-Fototour in die nahe Umgebung aufgebrochen. Am Ende ging ich an die Stelle zwischen zwei Feldern, an der ich im vergangenen Jahr am Ampfer die witzigen kleinen Larven der Großen Randwanze aufnahm.

Diesmal entdeckte ich etwas anderes am Ampfer. Etwas Filigranes, wovon ich seit ein paar Jahren ein Foto besitze, dessen Abbildung mir bis jetzt allerdings ein Rätsel blieb. Mit den jetzigen Bildern gelang mir dank einer Bildersuche die Bestimmung: Es handelt sich um Larven des Ampfer-Kokonrüsslers (Hypera rumicis)!

Die Weibchen des Ampfer-Kokonrüsslers legen ihre Eier an unterschiedlichen Ampferarten ab, die schlüpfenden Larven fressen an den Blättern und fertigen dann zur Verpuppung diese gitterartigen, durchsichtigen Kokons.

Ein genauerer Blick auf eins meiner Bilder zeigte dann noch eine Überraschung. Eine Larve hebt den Kopf und zieht von oben einen Faden nach unten. Man sieht dies auf dem zweiten der jetzt folgenden Bilder. Wie ich das mag, diese Überraschungen auf so einem kleinen Insekten-Fototrip in die nahe Umgebung.

klein.oval.platt

Schildkäfer (Cassididae) sind für mich noch etwas ganz Besonderes. Vor zwei Jahren entdeckte ich das erste Mal eine Larve von Schildkäfern, aber keine Schildkäfer. So lernte ich sie namentlich kennen. Jetzt im Mai dieses Jahres entdeckte ich bereits zwei unterschiedliche Schildkäferarten am Wegesrand. Welch Freude über diese recht kleinen, platten Gesellen.

Zuerst entdeckte ich den Nebligen Schildkäfer (Cassida nebulosa), 6-7 mm klein mit schöner Zeichnung. Er ernährt sich von Gänsefußgewächsen, von denen ich bisher keine Ahnung habe. So erschließt sich mit einem neuen Fund wieder auch neue Flora.

Wenn der Neblige Schildkäfer schon nicht einfach zu entdecken war, so war es der auf grünem Untergrund perfekt getarnte Distelschildkäfer (Cassida rubiginosa), 6-7,5 mm klein, erst recht nicht. Ich sah ihn nur, da ich eh gerade fotografierend kniete und mein obligatorischer Schwenkblick vor dem Aufstehen an einem kleinen grünen runden Fleck auf einem Blatt hängenblieb. Ich hätte überhaupt nicht sagen können, was ich da aufnehme. Der Name deutet es schon an: er ernährt sich von Disteln und Kletten.

Mit den jetzigen Fotos schließt sich nach zwei Jahren mal wieder ein Kreis, da es damals wohl genau die Larve eines Distelschildkäfers war, die ich entdeckte. Wer sich noch einmal eine größere Auswahl Larven/Puppen der Schildkäfer anschauen mag, kann das hier tun. Im vergangenen Jahr zeigte ich eine etwas größere Galerie dazu. Hier abschließend zwei Fotos:

Schildkäfer sind übrigens eine Unterfamilie der Blattkäfer.

Im Profil erwischt

Im Seitenstreifen der Bahntrasse gibt es zur Zeit erstaunlich viele kleine Eichelbohrer (Curculio glandium) zu entdecken. Zwar gibt es dort viele Eichen, dennoch konnte ich in den beiden letzten Jahren nicht so einfach so viele von ihnen ausmachen.

Eichelbohrer werden 4-8 mm groß, diesen schätze ich auf 5-6 mm. Die Weibchen legen im Sommer 1-2 Eier in eine unreife Eichel, nachdem sie mit ihrem langen Rüssel ein Loch hineingebohrt haben. Die Larven ernähren sich vom Inhalt der Eichel, fallen mit dieser im Herbst zu Boden und bohren sich nach außen. Anschließend überwintern sie im Boden.

Geselliger kleiner Zangenbock

Ich hatte eine überraschende kleine Begebenheit an meiner Lieblingswaldrandstelle. Am 27.04. nahm ich dort meine ersten Insekten auf, unter anderem diesen Schwarzfleckigen Zangenbock (Rhagium mordax), den ich bequem auf Kopfhöhe in diesen Blüten beim Fressen entdeckte. Er war gut getarnt, aber ich war leicht meditativ unterwegs und mein Blick war offen für diese kleinsten Auffälligkeiten. Er ließ sich von mir zum Glück überhaupt nicht aus der Ruhe bringen und beschäftigte sich ausgiebig mit den Pollen, lief rauf, lief runter.

Ein paar Tage später unternahm ich einen weiteren kurzen Zwischenstop an der Stelle und plötzlich fliegt mich von rechts vom Feld etwas an und landet auf meinem Oberschenkel: Der/ein Schwarzfleckigen Zangenbock! Da saß er eine ganze Weile schaute mich an, krabbelte ein wenig hin und her und flog dann wieder davon. Fand ich schon irgendwie besonders.

Schwarzfleckiger Zangenbock -Rhagium mordax auf Jeans

Beeindruckende Puppen

Es gibt naturfunde, die mich noch ein bisschen nachhaltiger begeistern als andere. Etwas für die meisten Menschen völlig Unspektakuläres habe ich letztes Jahr das erste Mal und dieses Jahr mit ein bisschen mehr „Augen auf“ wieder entdecken können: Puppen von Schildkäfern (Cassidinae).

Ich entdeckte sie auf den Blättern von Disteln. Im Jahr 2020 habe ich die bisher einzige Schildkäferlarve fotografieren können und auch mein einziges unscharfes Schildkäferfoto. Aber immerhin. Wie gesagt, sehe ich sie hier sehr selten obwohl ich meine Augen wirklich offen halte. Es kann daran liegen, dass die Disteln, auf denen ich die Puppen entdecke zu früh im Rahmen der Ernte auf den angrenzenden Ackern abgemäht werden, denn dann sind leider auch alle Pflanzen am Wegesrand futsch. Nächstes Jahr weite ich meine Suche aus, dieses Jahr hat mein Knie die Insektensaison erstmal für beendet erklärt.

Unabhängig von der möglichen Seltenheit sind die Puppen an der Pflanze deshalb schwer auszumachen, weil sie aussehen wie ein flacher, nur wenige Millimeter langer, schwarzer Fleck. Das kann man anhand der Fotos überhaupt nicht nachvollziehen (wie so oft muss ich mir vor Ort wieder ins Gedächtnis rufen, die Fundsituation im Größeren zu dokumentieren).

Schildkäfer gehören zur Familie der Blattkäfer (Chrysomelidae). Ihre Entwicklung bietet noch ein weiteres spannendes Detail. Die Larven bilden einen interessanten Schutz, indem sie sich mit ihrem Kot maskieren. Eine solche nach dem Häuten verbliebene Hülle nebst Kotmaske konnte ich dieses Jahr aufnehmen. Das sind die Dinge, die ich so spannend finde, denn so etwas ist immer ein Glückstreffer, der nächste Wind oder Regen spült es spätestens vom Blatt auf den Boden. Sollte jemand einen tieferen Blick auf die Schildkäfer und ihr Leben in Bild und Text werfen wollen, findet auf Kerbtier einen ganz aktuellen, leidenschaftlichen Bericht von jemandem, der sie bewusst ein Jahr beobachtet und sogar im Kühlschrank überwintern lassen hat.